Pietà
Das nächste Kunstwerk zur Marienverehrung ist eine Plastik – die Pietà an der Innenwand der Kirche. Sie wurde um 1748 vermutlich von dem Künstler Johann Felizian Hegenauer geschnitzt. Das Wort Pietà kommt aus dem Italienischen und heißt übersetzt: Frömmigkeit oder auch Mitleid. Die Pietà stellt Maria als Mater Dolorosa dar, als Schmerzensmutter. Dieses Motiv der Kunst ist seit dem frühen 14. Jahrhundert bekannt und ist sehr wahrscheinlich in Zusammenhang mit den Andachtsbildern entstanden. Andachtsbilder waren meist kleine, plastische Fiuguren oder Figurengruppen, die parallel zur damaligen Mystik entstanden sind. Dazu gehören z. B. die Johannesminnen, die hier in Oberschwaben und im Bodenseeraum entstanden sind. Die Mystik wendete sich in ihrer Innerlichkeit verstärkt dem erlösenden Leiden Chritsti und dem Mitleiden der Menschen zu.
In der Darstellung der Pietà kommt diese Absicht auf einzigartige Weise zum Ausdruck. Sie zeigt den Leichnam Christi, wie er nach der Kreuzabnahme steif und geschunden auf dem Schoße seiner Mutter ruht. Maria beugt sich voller Schmerz und tränenüberströmten Gesicht über ihren Sohn. Ihr Herz durchdringt ein Schwert – das entspricht dem Lukas-Evangelium, das von der Beschneidung Jesu im Tempel berichtet und folgende Worte des greisen Simeon an Maria überliefert: "Und dein eigenes Leben wird ein Schwert durchdringen!" (LK 2,35).
Die rote Farbe des Kleides der Gottesmutter verweist in dieser Darstellung nicht auf ihren Rang als Himmelkönigin; vielmehr steht sie hier für das vergossene Blut ihres Sohnes. Der blaue Umhang ist mit einer goldenen Borde eingefaßt, ebenso trägt Christus eine goldene Lendenschürze. Gold ist die Farbe der Ewigkeit und bringt zum Ausdruck, daß mit dem Tod nicht alles aus ist, sondern daß wir in allem Schmerz und in allem Leid auf die Ewigkeit hoffen dürfen. Dieser vertrauensvolle Glaube, der – nach Jesu eigenen Worten - dem Sein der Kinder gleichen soll, wird versinnbildlicht durch die beiden Putten, die das Andachtsbild mittrauernd einrahmen.
Die Pietà zählt zu den häufigsten und verbreitetsten Mariendarstellungen seit dem Mittelalter; der Grund liegt wohl darin, daß sich die Menschen in all ihrem Leid in diesem Bildnis wiederfinden konnten und Trost fanden. So gewiß auch die Dominikanerinnen in Habsthal, denn auch ihr Ordensleben verlief gewiß nicht ohne Schmerz und Leid.
Text: Sr.Kornelia Kreidler OSB,
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